Donnerstag, 27. November 2008

AvW: Anlegeranwalt blitzt mit "Notgeschäftsführung"ab

Die 50-Millionen-€-Affäre um die AvW Gruppe um Wolfgang Auer von Welsbach treibt kuriose Blüten.

Anwalt Andreas Pascher, AMIS-Geschädigten als früherer Geschäftsführer der Anlegerentschädigung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen (AeW) bekannt, ist beim Landesgericht Klagenfurt mit einem Antrag abgeblitzt.

Zur Quelle

AvW Invest AG: Abschied aus dem Prime Market

Wie verschiedene Quellen berichten, erfolgte der Rückzug der Papiere der AvW Invest AG nach dem Rükzug der Capital Bank mangels Market Makers in das Standard Market Auction-Segment der Wiener Börse. Entgegen diesen Meldungen ist AvW aber nicht mehr als Finanzdienstleister tätig, weil die entsprechende Konzession mitten in einer Überprüfung durch die FMA zurückgelegt wurde.

Mittwoch, 26. November 2008

ORF: Zieht Wrabetz den Kopf aus der Schlinge?

Nachdem es ORF-Chef Alexander Wrabetz binnen Jahresfrist geschafft hat, das lecke ORF-Schiff an den Rand des Abgrunds zu navigieren, brennt am Küniglberg der Hut. In den Koalitionsverhandlungen wurden schon Stimmen laut, dass der vom Hoffnungsträger zum Buhmann mutierte Wrabetz oder einer seiner Direktoren den Hut nehmen müsse, sollte es zu einer Regierungsvereinbarung kommen. Es war aber auch schon die Rede davon, den ORF angesichts des Debakels um wegbrechende Werbeeinnahmen und schiefgegangene Finanzspekulationen zumindest teilweise zu privatisieren.

Nägel mit Köpfen
Jetzt ist die Rede davon, dass Wrabetz ein "überraschend hartes und einschneidendes Maßnahmenpaket" präsentieren werde. Was Härte heißt, sehen wir beim ORF ja hauptsächlich dann, wenn es gilt, angestammte Besitztümer zu bewahren. Ob es Wrabetz tatsächlich gelingt, ein Konzept zu präsentieren, das diesmal zumindest für den Stiftungsrat plausibel und glaubwürdig klingt (von der Umsetzbarkeit ist hier noch gar keine Rede), bleibt deshalb zunächst einmal abzuwarten.

Spät aber doch: Staatsanwaltschaft interessiert sich für Petrikovics & Co

Gut Ding braucht Weile?
Nachdem einige Zeit seit den ersten Meldungen über ungeklärte Finanzflüsse zwischen Immofinanz, Immoeast und Constantia Privatbank und die dubiose Rolle des Immofinanz-Vorstandes rund um Karl Petrikovics (zugleich Manager bei der Constantia) ins Land gegangen ist, scheint dies nun endlich auch ein Thema für die Staatsanwaltschaft zu sein. Jedenfalls gibt es mittlerweile die ersten Hausdurchsuchungen bei Petrikovics & Co.

Kooperation der Verdächtigen?
Sowohl Petrikovics als auch der mittlerweile gegangene Immofinanz-Vorstand Thornton sollen kooperativ sein, was immer das auch heißt. Mittlerweile schieben sie sich jedenfalls noch gegenseitig den Schwarzen Peter zu und Geständnisse sind wohl erst zu erwarten, wenn alles hieb- und stichfest zu belegen ist. Das haben die Causen BAWAG und Hypo Alpe Adria/Kulterer ja zur Genüge gezeigt und eine ähnliche Dynamik existiert auch in der geamten AvW-Affäre.

Leugnen bis zuletzt
Angesichts der Dimensionen, die der Immofinanzskandal jetzt schon erreicht hat, darf man trotz des beharrlichen Leugnens der Verantwortlichen gespannt sein, was noch alles auf die p.t. Öffentlichkeit zukommt, wenn das ganze Vertuschen nichts mehr nützt. Höchstwahrscheinlich sind dann die Herren sehr zerknirscht, weil sie doch in bester Absicht gehandelt haben. Wie schwer das doch mit der Verantwortung ist! Und wie undankbar die Welt!

Mittwoch, 19. November 2008

AWD-Beschwerden: Erste Verhandlungen

Wie nicht anders zu erwarten wurde im Zuge der Immofinanz-CBP-Affäre eine massive Beschwerdeflut gegen die dubiosen Beratungspraktiken des AWD losgetreten. Zum einen geht es um den Verkauf der Immofinanz-Titel als mündelsicher, zum anderen um überhöhte Spesen und geleugnete Bestandsprovisionen. Besonders letzteres hat die Verluste der Anleger noch wesentlich erhöht.
Insgesamt gibt es bis dato 1500 Beschwerden und eine erste Verhandlungsrunde mit den Chefs des AWD, der Verein für Konsumenteninformation (VKI) setzt aber die Aktion fort und sammelt weitere Beschwerden.

Dienstag, 18. November 2008

Rupert Murdoch: Traditionelle Medien schaufeln sich ihr eigenes Grab


Bild: flickr/World Economic Forum

Selbstzufriedene und herablassende Zeitungsleute sind das Grundübel
In einer Vorlesungsserie hat der 77-jährige Rupert Murdoch, Besitzer des weltumspannenden Medienimperiums News Corp traditionellen Medien und Zeitungen gehörig die Leviten gelesen. Nicht das Internet sei schuld an der Krise, sondern überhebliche Herausgeber und Redakteure, die nicht nur den Kontakt zu ihrer Leserschaft verloren hätten, sondern diese auch noch für schlichtweg dumm hielten.

Weiters kritisierte er die Haltung von Herausgebern, die früher als eine Art Halbgötter über das Wohl und Wehe von Nachrichten bestimmt hätten. Diese hermetische Welt funktioniere nicht mehr mit dem heutigen vielfältigen alternativen Informationsangebot. Traditionelle Medien und Zeitungen müssten die Kaste dieser selbstgefälligen Verantwortungsträger los werden, sich ihrer Stärke als Marke bewusst werden und diese zielgerichteter an den Konsumenten bringen, um eine Überlebenschance zu haben.

Google: Werbemarkt bricht ein


Bild: flickr/mark knol

Verkauf von YouTube-Rankings als Ausweg aus der Krise
Die Krise macht auch vor Google nicht halt. Im Zuge der Finanzkrise trocknet der klassische Anzeigenmarkt aus und bereitet Google trotz gegenteiliger Behauptungen entsprechendes Kopfzerbrechen. Nachdem sich der Kurs der Google-Aktien innerhalb eines halben Jahres fast halbiert hat, gerät man gegenüber Investoren vermehrt in Zugzwang. Das bedeutet, neue Einnahmequellen müssen her. Ein probates Mittel dazu stellt der Verkauf von Rankings in YouTube-Suchresultaten dar (in sich selbst die größte Suchmaschine nach Google).

Sex Sells
Allerdings handelt es sich bei den bezahlten Rankings nicht um irgendwelche Filme, sondern um solche, die haarscharf an sonst verpönten Inhalten bei YouTube vorbeischrammen. Aber was soll's, zumindest schöne Maiden in knappen Outfits scheinen der Krise zu trotzen.

Montag, 17. November 2008

Jörg Haider: Die Verunglimpfung geht weiter

Der arme Jörgl kann nicht in Frieden ruhen, solange im Internet solche Videos kursieren.

Obama: Amerika foltert nicht

Gewählter Präsident will Amerikas "moralische Statur" wiederherstellen
Im ersten Interview nach der Wahl sprach sich Barack Obama neuerlich für die Schließung von Guantánamo sowie für ein Folterverbot von Gefangenen aus. Hier Auszüge aus dem Gespräch:

Bush warnt vor "zu viel Staat"

Bush fordert Intelligenz ein: Sarkasmus oder Realitätsverweigerung?

Acht Jahre lang hat die Regierung Bush vorexerziert, was der freie Markt mit Hilfe von Lobbyisten und anderen bezahlten Gewährsmännern zu leisten imstande ist. Nun berichtet Bloomberg, dass sich Bush im Vorfeld des Weltfinanzgipfels gegen die Vorschläge von Frankreichs Sarkozy und anderer zu umfassenden Regulierungen der Märkte ausspricht. Stattdessen plädiert Bush für einen "intelligenteren Staat". Diese Aussage kommt von dem selben Mann in diesem Video:

Gerechte Strafe für Tierquäler

Nicht oft folgt die Strafe für Tierquäler auf dem Fuß. Im Gegenteil ist es meist so, dass die Mehrzahl ungestraft davonkommt. Umso erfreulicher ist es daher, wenn sich ein Tier einmal selbst zu helfen in der Lage ist wie in diesem Video.


Angry Horse Fights Back - Watch more Free Videos

Sonntag, 16. November 2008

Einsam im Weißen Haus: Verzichtet Obama auf seinen Blackberry?


Ozier Muhammad/The New York Times
Senator Barack Obama mit zwei Wahlkampf-Konstanten: Blackberry und Chefstratege David Axelrod

Wie die New York Times berichtet, wird Barrack Obama beim Einzug ins Weiße Haus auf ein liebgewonnenes und für viele Manager unverzichtbares Werkzeug verzichten müssen: den Blackberry. Außer Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von E-Mails kommt noch etwas hinzu: Als Präsident unterliegt Obama nämlich dem Presidential Records Act, wonach seine Korrespondenz der Aufzeichnungspflicht und der Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit unterliegt. Es ist daher fraglich, ob Obama alle seine privaten E-Mails preisgeben und der erste E-Mailende Präsident werden will.

Immerhin könnte der erste schwarze Präsident doch noch für eine kleine elektronische Revolution im Oval Office sorgen: Sollte er wie vorgesehen auf einem Laptop bestehen, wäre dies ebenfalls eine Premiere für einen Präsidenten der USA.

Julius braucht nicht weinen: 70 Mio Trostpflaster von der Meinl-Bank

In einem früheren Beitrag war die Leidensfähigkeit von Julius Meinl V in Frage gestellt worden. Jetzt kommt die große Erleichterung für alle, die befürchteten, der Verlust aller börsenotierten Gesellschaten und die Aufgabe des Vorstandspostens in der Bank könnten Julius gar in den Selbstmord treiben.

Trotz des desaströsen Jahres 2007 genehmigte die Meinl-Bank "streng nach Gesetz" der Inhaberfamilie eine Dividende von 70 Millionen Euro. Der Aufsichtsbehörde FMA waren ursprünglich nur 25 Millionen gemeldet worden, berichtet profil. Die knapp 18 Millionen für den Vorstand (ein Drittel der gesamten Personalkosten) sollten damit doch zu rechtfertigen sein, oder? Schließlich nimmt die Bank noch (?) nicht einmal staatliche Hilfe in Anspruch und die Anleger wurden ohnehin über das Risiko informiert. Jawohl.

Freitag, 14. November 2008

Meinl International Power: Haider und Grasser sind Vergangenheit

Die "Rebellen" bei Meinl International Power stürzen die Führung unter Hans Haider und Karl-Heinz Grasser. Werkelt der ehemalige Sunny-Boy bald im Familienunternehmen? Weint Julius wegen des Verlusts der letzten börsenotierten Gesellschaft?

Kommt es zum Aufatmen der Anleger?
Nach turbulenten Vorgängen rund um einige außerordentliche Hauptversammlungen rund um die börsenotierte MIP kam es zur Abwahl der Führung unter dem langjährigen Verbund-Chef Hans Haider und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Nach ähnlichen Ereignissen rund um die Meinl Airports International kommt Meinl damit die letzte börsenotierte Gesellschaft abhanden. Ob Anleger (und Aufsichtsbehörde) damit aufatmen können, wird sich noch herausstellen.

ORF: Welcher Kegel fällt?

Die desaströse Bilanz des ORF in der bisherigen Ära Wrabetz sowie der Antritt einer neuen Regierung befeuern die Gerüchteküche. Die gescheiterte Programmreform und damit einhergehend ein weiterer Zuschauerschwund und die rückläufige Werbeerträge sind schwer zu verdauen. Besonders letzteres wiegt doppelt schwer, weil die Werbeeinnahmen trotz Quotenbringern wie EURO 2008, Olympia und Neuwahlen laut Focus Media Research beim ORF zurückgingen, während sie bei privaten TV-Anstalten erheblich anstiegen.

Internes Rumoren
Mittlerweile ist die Stimmung auch im ORF selbst wieder einmal auf einem Tief. Per E-Mail wandten sich ORF-Mitarbeiter an den Stiftungsrat, um ihr Leid zu klagen. Unter diesen Bedingungen scheint Wrabetz kaum noch haltbar, obwohl es leichter ist, entweder Info-Direktor Oberhauser oder Programm-Direktor "Scheiß-Internet" Lorenz auszuhebeln. Tatsache ist aber, dass sich keiner von ihnen mit Ruhm bekleckert hat. Das p.t. Publikum darf jedenfalls weiter fiebern und weiter leiden. Und weiter zahlen.

Donnerstag, 13. November 2008

Immoeast-Immofinanz-Skandal: Neue Details

60 Millionen Euro von der Immoeast-Kapitalerhöhung im Mai 2007 flossen über eine Constantia-Tochter an die Privatstiftung des Gründers und Haupteigentümers von Futurelab, einem Biotechnologielabor in Wien.
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Medienunternehmen bietet für AUA 10 Euro

Jetzt liegt ein neues, unübliches Angebot vor, welches die AUA-Übernahme
betrifft. Ein Medienunternehmen bietet 10 Euro.
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AvW: Manipulierte Kurse?

Erhebliche Schieflage des einstigen Finanzdienstleisters
Die AvW-Gruppe steht mit einem Finanzloch von 50 Millionen und ohne ihr Kerngeschäft da. Nach der Einsetzung eines FMA-Kommissärs wurde die Finanzdienstleistungs-Konzession zurückgelegt. Übrig bleiben die Beteiligungen. Die Sprachregelung des Unternehmens lautet auf "Liquiditätsengpass", weshalb keine Prognosen für 2009 möglich sind. Mittlerweile besteht der Verdacht auf Kursmanipulationen in den vergangenen Jahren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unterdessen gegen den Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Auer von Welsbach, der wiederum die Schuld auf den Prokuristen (mittlerweile in U-Haft) schiebt. Wir harren weiter gespannt der Dinge.

ORF: Pleiten & Pannen im Dreizehnten

Der arme ORF hat sich gehörig verspekuliert. Zunächst einmal mit der bombastisch angekündigten Wrabetz'schen größten Programmreform aller Zeiten. Die versprochene Steigerung des "öffentlich-rechtlichen Mehrwerts" blieb ebenso aus wie andere Eckpunkte der Reform, die letztlich gründlich in die Hose ging. Diese inhaltliche Pleite war aber jedenfalls für die Verantwortlichen am Küniglberg folgenlos.

Die nächste Spekulation betraf wie in diesen Tagen üblich die Börse. Und wie in diesen Tagen üblich ging auch hier einiges schief, nämlich um geschätzte 40 Millionen. Unterm Strich bleibt daher ein Saldo von 100 Millionen und was ist neuerdings naheliegender, als zum Staat zu laufen und um Unterstützung zu penzen. Leider zeigte sich dieser etwas zugeknöpfter als bei den Banken und forderte sogar nähere Informationen, was letztlich doch noch Konsequenzen zeitigen dürfte. Die Frage bleibt nur noch: Muss Wrabetz persönlich gehen oder findet sich ein Bauernopfer?

Nachlese: AWD-Immofinanz-CPB-Skandal

Gut abgelegen fügen sich die einzelnen Teile bald zu einem Ganzen:

Panik unter AWD-lern vor "Friedhofsgesprächen"


AWD-Chef Wolfgang Prasser sieht "seine Mission erfüllt" (so wie Helmut Elsner etwa?)

Schlechte Aussichten für "Finanzoptimierer"

Sammelaktion des VKI

Auf der Suche nach den verschwundenen Millionen und/oder einem Sündenbock

Kultur der Menschenverachtung?

Kind gequält und zu Tode gefoltert
Nein, hier geht es nicht um einen heimischen Kontrollfanatiker und seine an Kindern ausgelebten Sex- und Allmachtsfantasien wie dies hier und anderswo gang und gäbe ist. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Rechte der Frauen in vielen arabischen und islamischen Ländern (aber nicht nur dort!) im Argen liegen. Oft ist es ein Streit um des Kaisers Bart, inwiefern dies Ausdruck religiöser, geschichtlicher, kultureller oder sonstiger Spezifika sei. Welches Ausmaß diese Benachteiligungen erreichen ist oft kaum vorstellbar, wie auch in diesem Bericht wieder einmal deutlich wird.

"Ich hab' von allem nichts gewusst, ich war nie dabei..."

Riskiert Jan Ullrich Meineid?

Die Glaubwürdigkeit von Radprofis im Zusammenhang mit Doping ist mittlerweile ja hinlänglich bekannt. Unvergessen sind die Sager von Bernhard Kohl vor seinem positiven Test sowie das gesammelte Potpourri seiner einschlägigen Ergüsse.
Einer der hartnäckigsten Leugner ist dabei Jan Ullrich, der in diesem Zusammenhang ja noch einschlägige Klagen seines früheren Arbeitgebers fürchten muss. Deshalb war der jetzige Prozess um seine Lohnforderungen aus der Coast-Zeit besonders bedeutsam. Hier seine Aussage im Wortlaut.

Mittwoch, 12. November 2008

Der AWD-Komplex

Die Mär vom unabhängigen Finanzdienstleister
Nicht nur, dass der AWD seit geraumer Zeit im Mehrheitsbesitz der Swiss Life steht, gebührt der selbstbeschworenen Unabhängigkeit dieses und anderer Finanzdienstleister und Makler ein eigenes Kapitel im Märchenbuch einer sich selbst regulierenden Wirtschaft auf der Basis von Angebot und Nachfrage.

Wes Brot ich ess', des Lied ich sing
Es ist im Vertrieb jeglicher Art kein Geheimnis, dass die gebotenen Provisionen der Hauptanreiz für die Verkäufer sind, und nichts anderes ist ein AWD-Vertriebler. Zu verkaufen ist alles, denn es sichert den Aufstieg in der pyramidenartig organisierten Hierarchie. Saloppe Sprüche und gut eingelernte Gesprächsstrategien sind alles, der Kundennutzen nichts. Um den ohnehin laxen Vorschriften der Aufsichtsbehörden Genüge zu tun, werden Protokolle unterfertigt, welche der Kunde in der Regel im Zuge des Verkaufsgespräches nicht durchschaut, geschweige denn hinterfragt.

Das bittere Erwachen
Das Ende der Glaubwürdigkeit kommt für die oft durch die Gier geblendeten Kunden eben dann, wenn die für seriös gehaltene Pyramide auf einmal in sich zusammenkracht. Aber dies ist nicht das erste Mal und auf die schöne neue Welt der regulierten Finanzmärkte freuen wir uns alle schon. Schließlich hören wir immer gerne neue Märchen und das Buch ist noch lange nicht voll.

AWD und Immofinanz: Unheilige Allianz

Nach dem überraschenden Abgang von Wolfgang Prasser als Chef von AWD Österreich und dem weniger überraschenden Debakel um Immofinanz und CPB nimmt jetzt ganz überhaupt nicht überraschend der Konsumentenschutz den AWD unter die Lupe.
Jeder, der halbwegs mit den Methoden und Praktiken des AWD vertraut ist, weiß, dass dieser Schritt ohnehin seit langer Zeit überfällig ist.

Beim Handaufhalten gibt's keine Zurückhaltung mehr

US-Musikindustrie verlangt Hilfspaket
Nach dem Bailout für die Banken sind in der angeblich freien Wirtschaft alle Dämme gebrochen und eine Flut der Begehrlichkeit schwappt über Regierungen herein. Nachdem zuvor schon die Automobilindustrie vorstellig geworden war, ist jetzt die Musikindustrie an der Reihe. Nachdem man zuvor alle Übel auf das Internet und die damit verbundenen Technologien für schwindende Umsätze verantwortlich gemacht hat, scheint es nun wohl probat, im Windschatten der Krise Subventionen für etwas zu verlangen, was man zuvor beharrlich negiert und dann mit Klagen und illegalen Methoden wie dem Ausspionieren von Usern erfolglos bekämpft hat.

Man kann nur mit Staunen verfolgen, wie weit die Unverschämtheit geht und mit welchen Wehleidigkeiten die nächsten Wirtschaftszweige Förderungen ergattern wollen.

Dienstag, 11. November 2008

Susanne Winter: Aufhebung der Immunität beantragt

Der frischgebackenen Nationalrats-Abgeordneten der FPÖ steht nun ein Prozess wegen islamfeindlicher Äußerungen bevor. Der Staatsanwalt erklärte, man wolle damit das "Verfahren beschleunigen".

Der Prozess gegen die steirische FPÖ-Politikerin und nunmehrige Nationalrats-Abgeordnete Susanne Winter wegen ihrer islamfeindlicher Äußerungen könnte nun doch bald stattfinden: Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Manfred Kammerer, am Dienstag erklärte, habe man dieser Tage einen Antrag auf Aufhebung der Immunität beim Präsidium des Nationalrates eingebracht.

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Türkei: Minister lobt Vertreibung von Griechen und Armeniern

Eine Rede von Verteidigungsminister Vecdi Gönul sorgt für Schlagzeilen in türkischen Zeitungen: Er lobte die Vertreibung der Griechen und Armenier aus dem Land.

Bei einer Feierstunde zum 70. Todestag von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk stellte Gönül die Frage, ob die Türkei heute derselbe Nationalstaat sein könnte, wenn es noch viele Griechen und Armenier im Land gäbe. Er bezeichnete den Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts als "sehr wichtigen Schritt" beim Aufbau des türkischen Nationalstaates.

Mehr als eine Million Griechen wurden damals nach Griechenland umgesiedelt; im Gegenzug kamen etwa eine halbe Million Muslime aus Griechenland in die Türkei. Im Ersten Weltkrieg waren mehrere Hunderttausend anatolische Armenier bei Massakern und Todesmärschen ums Leben gekommen.

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Höchste Alarmstufe im Kreml

Olympia 2014 in Sotschi in Gefahr

Dmitrij Kosak soll es richten. Der bisherige russische Minister für Regionalentwicklung amtiert seit dem vergangenen Monat als sogenannter Olympiaminister und soll neuen Schwung in die Vorbereitungen für die Winterspiele 2014 im Badeort Sotschi bringen. Er gilt als Mann für alle Fälle des Ministerpräsidenten Wladimir Putin. Kosak werden ausgezeichnete Managementfähigkeiten nachgesagt, in Moskau wurde ihm auch der Spitznamen „Reformbulldozer“ verliehen. In seiner Funktion als Sondergesandter für den Süden Russlands und den Nordkaukasus zur Herstellung von Ruhe und Ordnung in den schwierigen Gebieten festigte er seinen Ruf als vielseitig einsetzbarer „Feuerwehrmann“.

Die Ernennung von Kosak zum stellvertretenden Ministerpräsidenten mit Zuständigkeit für die Vorbereitung der Olympischen Winterspiele ist denn auch das deutlichste Zeichen für die Unzufriedenheit der russischen Führung mit der Umsetzung der gigantischen Pläne für deren Prestigeprojekt Nummer eins. Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew wollte die neue Position Kosaks als eine Selbstverständlichkeit darstellen und verstieg sich zum Argument, dass auch zu Sowjetzeiten bereits ein stellvertretender Regierungschef die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele im Jahr 1980 beaufsichtigt habe. Putin sagte schon etwas klarer, dass damit zusätzliche Impulse für Sotschi 2014 gegeben und die administrativen Ressourcen gebündelt werden sollen.

Die Organisatoren der Winterspiele stehen unter Zeitdruck

Tatsächlich herrscht wohl höchste Alarmstufe im Kreml; die Organisatoren der Winterspiele im einstigen Ferienparadies der sowjetischen Werktätigen stehen bereits unter Zeitdruck. Personalchaos, die Finanznot privater Investoren, verschleppte Ausschreibungen, Widerstand der Bevölkerung und von Umweltschützern, mangelnde Organisation, ein fehlender Generalplan – das Projekt, um das Putin mit hohem persönlichem Einsatz geworben hatte, steht unter einem schlechten Stern. Putin, damals noch als russischer Präsident, war höchstpersönlich zur Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nach Guatemala geflogen und hatte die Funktionäre mit einer Rede auf Englisch und Französisch – ungewöhnlich für Putin – bezirzt. Mit Sotschi will er sich selbst ein Denkmal setzen.

Das olympische Dorf befindet sich erst in der Planungsphase

Fünfeinhalb Jahre bis zum Beginn der Winterspiele am 7. Februar 2014 erscheinen als eine lange Zeit; das Problem ist jedoch, dass im Ferienort mit dem subtropischen Klima die meisten Sport- und Wohnstätten sowohl an der Küste des Schwarzen Meeres als auch in den Bergen erst noch gebaut werden müssen; wobei im Bergdorf Krasnaja Poljana, das ungefähr 40 Autominuten vom Austragungsort der Olympischen Spiele an der Küste entfernt liegt, die Bauarbeiten für manche Vorhaben schon im Gange sind.

Gianfranco Kasper, Präsident des Ski-Weltverbandes und IOC-Mitglied, kritisierte aber, auf den Hotel-Bauplänen sei zwar jeder geplante Lichtschalter eingezeichnet, die Straßen dorthin fehlten aber noch. Die mit der Ausschreibung der olympischen Objekte beauftragte Staatskorporation Olimpstroi spricht von ungefähr 12.400 Hotelzimmern, die neu errichtet werden sollen. Das olympische Dorf befindet sich ebenfalls erst noch in der Planungsphase.

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Zugang zum Rettungspaket

American Express wird zu einer normalen Bank

Der von der Finanzkrise gebeutelte Kreditkartenkonzern American Express hat von der amerikanischen Notenbank Fed auf eigenen Antrag hin in einem Eilverfahren den Status einer normalen Bank erhalten. Hintergrund ist das amerikanische Bankenrettungspaket: Die Hilfsmilliarden des Staates erhalten nur Geschäftsbanken, die Frist zum Beantragen der Hilfen läuft am Freitag ab.

Die „ungewöhnlichen Entwicklungen an den Finanzmärkten“ würden die schnelle Genehmigung des Antrags von American Express rechtfertigen, teilte die Fed am späten Montag mit. Für American Express bedeutet die Genehmigung, dass der Konzern Zugang zu den 700 Milliarden aus dem Rettungsfonds der amerikanischen Regierung erhalten kann. Auch die Tochtergesellschaft Centurion Bank, die bislang auf Industriekredite spezialisiert war, wird zu einer normalen Geschäftsbank.

Kreditkartenkrise gilt als nächstes großes Risiko

American Express leidet schwer unter den in den Vereinigten Staaten stark ansteigenden Zahlungsausfällen bei Schulden auf Kreditkarten. Die immer höheren Schuldenberge gelten als das nächste große Risiko für die globalen Finanzmärkte nach den Hausdarlehen, die Auslöser der aktuellen Finanzkrise waren.

Die bevorstehende Rezession lässt bei Investoren die Sorge um American Express nur noch größer werden. Der Konzern selbst hatte allerdings immer betont, selbst bei einem versperrten Zugang zu den Kreditmärkte könne er für ein Jahr ihr Geschäft aufrecht erhalten.

American Express verbreitert möglicherweise Geschäftsbasis

Nun sagte der Vorstandsvorsitzende Kenneth Chenault, „angesichts der andauernden Volatilität an den Finanzmärkten wollen wir am besten positioniert sein, um von den zahlreichen Programmen der Regierung profitieren zu können“. Überdies könnte der Finanzkonzern seine Geschäftsbasis etwa durch Girokonten und andere Kundeneinlagen verbreitern.

Unklar blieb, ob American Express bereits einen Antrag auf Teilnahme am Rettungsfonds gestellt hat. Im September hatten bereits die beiden bisher reinen Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley den Statuts einer Bankholding angenommen.

http://www.faz.net/s/Rub58241E4DF1B149538ABC24D0E82A6266/Doc~ED369E12052A94A4CAE060D581430FD91~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_aktuell

Goldman Sachs: Finanzkrise kostet 1,4 Billionen Dollar

Laut Chefvolkswirt Jan Hatzius stehen Banken und Volkswirtschaften noch harte Zeiten bevor: Von den 1,4 Billionen Dollar an weltweiten Verlusten wären derzeit erst 800 Millarden Dollar bekannt.

Die weltweiten Verluste im Zuge der Finanzkrise werden sich nach Einschätzung von Goldman Sachs auf bis zu 1,4 Bio. Dollar belaufen (1.086 Mrd. Euro). Davon seien bisher lediglich 800 Mrd. Dollar bekannt, sagte Chefvolkswirt Jan Hatzius am Montag. Dies bedeute, dass Banken und Volkswirtschaften noch harte Zeiten bevorstünden. Um eine tiefe Rezession zu vermeiden, müssten Regierungen daher dringend weitere Konjunkturprogramme auflegen, fügte der Chefvolkswirt hinzu.

Am Markt wurde unterdessen spekuliert, dass Goldman Sachs selbst stärker von der Finanzkrise betroffen sei als bisher angenommen und bald den ersten Quartalsverlust in seiner Unternehmensgeschichte ausweisen könnte. Dies hatten zumindest Analysten des britischen Rivalen Barclays erklärt. Die Gerüchte belasteten die Goldman-Sachs-Aktien, die an der Wall Street rund zehn Prozent an Wert verloren.

Quelle: http://diepresse.com/home/wirtschaft/finanzkrise/429276/index.do?from=rss

Datenleck bei Banken

Kontrolle: Fehlanzeige

Ein simples Fax genügt, um Konten leer zu räumen. Nach Informationen der ARD gefährdet ein Sicherheitsleck die Guthaben von Millionen Bankkunden.

Mit einem simplen Fax lassen sich Konten plündern, weil die Banken Adressänderungen gar nicht oder nur lückenhaft kontrollieren. Das
berichtet das ARD-Wirtschaftsmagazin "Plusminus" in seiner Ausgabe am
Dienstag. Nach den Recherchen des Magazins reichen eine gefälschte Unterschrift und die Kontonummer aus, um in den Besitz eines fremden Kontos inklusive EC-Karte und Geheimnummer zu kommen. Damit war es problemlos möglich, mehrere tausend Euro am Geldautomaten abzuheben.

Zusammen mit dem Tübinger Sicherheitsexperten Sebastian Schreiber deckte das Fernsehmagazin diese Sicherheitslücke im deutschen Bankensystem
auf. Das Szenario zeigt, wie leicht sich das als sicher geltende
EC-Kartensystem aushebeln lässt.

Ursache dafür ist die Tatsache, dass Banken sensible Unterlagen ohne ausreichende Kontrolle herausgeben. Sicherheitsexperte Sebastian Schreiber: "Wenn ich eine Bank wäre, würde ich das so nicht machen. Es geht um die PIN, es geht um die EC-Karte, sprich den Schlüssel zu dem Konto meiner Kunden."

Die betroffenen Geldinstitute wollten sich zu den "Plusminus"-Recherchen nicht äußern. Der Zentrale Kreditausschuss, die Spitzenorganisation der Bankenbranche, erklärte dem ARD-Wirtschaftsmagazin: "Würden einem Kunden durch einen solchen Datenmissbrauch beziehungsweise daraus folgenden unberechtigten Zahlungen von seinem Konto Schäden entstehen, müsste die Bank den Sachverhalt des jeweiligen Einzelfalls klären und ihm gegebenenfalls den Schaden ersetzen." Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sich ein Kunde nicht grob fahrlässig verhalten habe.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um Datenschutz und
Datenpannen zeigt sich der Datenschutzbeauftragte des Landes
Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, besorgt. Auch für ihn ist der laxe Umgang der Geldinstitute mit Kundendaten alarmierend. Denn neben der EC-Karte schickte die Bank auch die Kontoauszüge an die manipulierte Adresse.

Jetzt seien Banken und Sparkassen gefordert: "Banken haben eine Treuhänderschaft gegenüber ihren Kunden. Sie müssen ihre Kunden vor krimineller Energie schützen, die Infrastruktur zum Selbstschutz auch gewährleisten und das scheint hier definitiv nicht der Fall zu sein."

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/computer/504/317379/text/

Der Kapitalismus in der Krise

Sorglos am Abgrund

Wiederholt sich 1929? Der Welt droht eine ähnlich dramatische Krise wie vor acht Jahrzehnten - deshalb muss die Politik jetzt entschlossen gegensteuern.
Von Ulrich Schäfer


Panik an der New York Stock Exchange: Wie tief stürzen die Kurse?
Foto: AP

Wer wissen will, wie schlimm es um die Weltwirtschaft bestellt ist, sollte nachsehen im Fachblatt für Kapitalisten: in der Financial Times. Der Chefökonom der Wirtschaftszeitung, Martin Wolf, unterhält auf der FT-Homepage ein Diskussionsforum, in dem regelmäßig die bekanntesten Ökonomen der Welt schreiben, insgesamt 69, und über die Weltläufte diskutieren.

Bereits vor drei Wochen sagte Jeffrey Sachs, Professor an der Columbia University in New York, im "Wolfforum" der Financial Times als Erster voraus, dass die Weltwirtschaft im nächsten Jahr erstmals seit 1945 schrumpfen wird - eine Erkenntnis, zu der vorige Woche schließlich auch der Internationale Währungsfonds (IWF) gelangte. Anders Aslund, ein Ökonom vom Institute for International Economics in Washington D.C., glaubt gar, dass die heutige Krise schlimmer sein könnte als jene der Weltwirtschaft zwischen 1929 und 1933. Damals schotteten sich die Industriestaaten ab, sie erhöhten die Zinsen, kürzten die Ausgaben und beschleunigten so den Abschwung: "Unsere Politiker werden vielleicht nicht dieselben Fehler machen wie während der Großen Depression, aber sie könnten andere Fehler machen", schreibt Aslund.

In der Tat ist das, was seit eineinhalb Jahren die Welt in Atem hält, mehr als ein normaler Abschwung, mehr als eine der üblichen Krisen, in die der Kapitalismus immer wieder stürzt. Was im Frühjahr 2007 am amerikanischen Immobilienmarkt begann, mit der Pleite von mehreren Millionen Hausbesitzer, hat sich geweitet: erst zu einer Krise am Kreditmarkt, dann zu einer Krise der Banken - und in den vergangenen acht Wochen zu einer zweiten Weltwirtschaftskrise.

Erst kippen die Banken, dann taumeln Länder

Seit die USA im September die Investmentbank Lehman Brothers haben bankrott gehen lassen, erlebt die Welt einen wirtschaftlichen Niedergang, dessen Tempo atemberaubend ist. Erst kippten große Banken und Versicherungen, in den USA ebenso wie in Europa, dann taumelten mehrere Schwellenländer: Ungarn, die Ukraine, Weißrussland, Pakistan, und mit Island stand erstmals seit 1976, als Großbritannien um einen Notkredit des IWF bat, auch wieder ein Industrieland vor dem Bankrott.

Und nun springt die Krise von der Welt des Geldes auf die reale Wirtschaft über. Die Ökonomen rechnen mit der ersten Weltrezession seit dem Zweiten Weltkrieg, und am Wochenende waren sogar Warnungen zu lesen, dass der Welthandel, der eigentlich seit Jahren schneller wächst als die Wirtschaftsleistung der Nationen, erstmals seit Anfang der achtziger Jahre schrumpfen könnte. Die Krise könnte rund um den Globus 20 Millionen Jobs hinwegfegen, schätzt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Das trifft die Welt in einem Augenblick, in dem das Vertrauen der Menschen in die Marktwirtschaft ohnehin schwindet.

Das Misstrauen wächst

So untersuchte die Financial Times im Mai 2007, was die Menschen in den Industrieländern über den globalen Kapitalismus denken. Das Ergebnis war ernüchternd: In den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien empfindet die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung die grenzenlose Marktwirtschaft als Bedrohung. Nur etwa jeder Fünfte glaubt, dass der weltweite Handel dem eigenen Land Vorteile bringe. 91 Prozent der Deutschen, 85 Prozent der Franzosen und 75 Prozent der Amerikaner beklagen, dass die Kluft zwischen Reich und Arm durch den globalen Kapitalismus wachse. Besonders tief sitzt die Furcht vor der entfesselten Marktwirtschaft bei den Deutschen: Nur noch 24 Prozent meinen, dass Deutschlands Marktwirtschaft sozial sei. Zur Jahrtausendwende sah dies eine Mehrheit der Bundesbürger noch anders.

Die globale Krise wird das Misstrauen, das dem Kapitalismus entgegengebracht wird, zusätzlich schüren. Die Menschen ahnen, dass sich hier etwas zusammenbraut, was ihr Leben durchschütteln wird. Und dass auf eine Ära des wachsenden Wohlstandes nur eine Ära des Weniger folgen könnte: weniger Zuversicht, weniger Einkommen, weniger Jobs, weniger Stabilität. Die Menschen erleben, mit welcher Wucht sich der Kapitalismus entfaltet. Sie spüren eine Krise, für die sie nichts können. Die weit weg begann, in den Vorstädten von Kalifornien und Ohio. Und die nun auch sie erreicht. Die eigene Bank um die Ecke - sie kann nur noch mit staatlicher Hilfe überleben. Das eigene Konto - es ist nur dank einer beispiellosen Garantie sicher, die die Kanzlerin und der Finanzminister gegeben haben. Und womöglich leidet schon bald ihr eigenes Unternehmen.

Der Staat, der lange als lästig galt, als Störenfried, der die Wirtschaft einengt, ist plötzlich wieder zum Garanten für Wohlstand und wirtschaftliche Sicherheit geworden. Hektisch versuchen Regierungen und Notenbanken, die Krise einzudämmen. Sie haben erst Dutzende, dann Hunderte Milliarden Dollar und Euro bereitgestellt, um sich gegen das Desaster zu stemmen. Doch bislang hat alles nicht gereicht: Auf jede Welle der Krise folgte, kaum dass sie verebbt war, eine neue Welle. Auch die Rettungspakete für die Banken, die nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers eilig geschnürt wurde, bieten keine Gewähr dafür, dass es nun besser wird. Denn solange alle fürchten, dass es abwärts geht, wird es auch weiter abwärts gehen.

So war es schon in den dreißiger Jahren. Die Krise begann am 24. Oktober 1929 mit dem Crash an der Wall Street, gefolgt vom Crash in Europa einen Tag später. Doch sie zog sich danach vier Jahre hin. Deutschlands Wirtschaft wurde erst eineinhalb Jahre nach dem "Schwarzen Donnerstag" in New York voll von der Krise erfasst. Die Börsen erreichten erst 1932, fast drei Jahre nach dem Beginn der Krise, ihren tiefsten Punkt.

Suche nach Antworten

Auch damals hielt niemand solch einen gewaltigen Niedergang für möglich, auch damals ließen sich alle von einer Mischung aus Überheblichkeit und Sorglosigkeit leiten. Noch am 25. Oktober 1929 versicherte der US-Präsident Herbert Hoover, die Wirtschaft des Landes sei gesund; fast die gleichen Worte waren kürzlich von George W. Bush zu hören, als Lehman Brothers kollabierte. Die Krise heute ist auch deshalb so gefährlich, weil das Finanzsystem ungleich verworrener ist - und die Instrumente, mit denen Banken und Hedgefonds handeln, wesentlich komplizierter als früher.

Es ist daher entscheidend, dass Regierungen, Notenbanken und Aufsichtsbehörden die richtigen Antworten auf die Krise finden: kurzfristig und langfristig. Kurzfristig muss alles getan werden, um einen schnellen, abrupten Sturz in die Rezession zu verhindern: Die Regierungen müssen die Wirtschaft jetzt ankurbeln - nicht halbherzig, wie es die Bundesregierung vorhat, sondern entschlossen, wie es einst der Ökonom John Maynard Keynes empfahl. Mittelfristig müssen die Staaten zudem neue Regeln für den Kapitalismus entwerfen. Regeln, die über die Finanzmärkte hinausgehen.

Die Staaten müssen dafür sorgen, dass für den Markt klare Grenzen gelten und Exzesse sich nicht häufen. Sie müssen dafür sorgen, dass jeder gleichermaßen Zugang zu Bildung hat und damit die Chance zum Aufstieg. Und sie müssen dafür sorgen, dass die Kluft zwischen Arm und Reich nicht zu sehr wächst. Kurzum: Der Kapitalismus muss wieder jenes Versprechen einlösen, das einst der amerikanische Präsident John F. Kennedy gab, als er über die Segnungen der Marktwirtschaft sprach: "Die steigende Flut treibt alle Boote nach oben."

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/508/317383/text/4/