Sonntag, 13. Juli 2008

In Österreich und anderswo: Die Frenzls unter uns


Da die Mediokrität sich für gewöhnlich am deutlichsten darin zu äußern pflegt, dass sie sich selbst für das Außergewöhnliche hält, soll niemand die folgenden Beobachtungen als ein lokales Spezifikum ansehen oder höchstens insofern, als es mit der Huldigung des Florianiprinzips in Einklang zu bringen ist.

Wenn dann doch im Spannungsfeld zwischen serviler Biedermeierei, geistloser Anmaßung und arroganter Selbstgefälligkeit dem landläufigen Augenschein nach besonders monströse Fälle von Gewalt, Abhängigkeit oder Missbrauch publik werden, so ist die allgemeine Erregung hoch und die Empörung und sogenannte Fassungslosigkeit sind in aller Munde. Aber diese als singuläre Einzelfälle aufgeschaukelten Spiegelungen alltäglicher Abartigkeiten bedienen in Wirklichkeit nur den mehr oder weniger ausgesprochenen Voyeurismus der Masse oder helfen den Medien, diesen mit gewaltigem Aufwand und lärmender Inszenierung möglichst reichweiten- und auflagenwirksam zu bedienen, während sie von den alltäglichen Fällen der Gewalt und des Missbrauchs in Abhängigkeitsverhältnissen jedweder Art ablenken und den weithin noch unerkannten aber sehr wohl bekannten Gewalttätern zur Selbstverharmlosung und den vorgeblich ahnungslosen Mittätern zur willkommenen Ablenkung dienen.

Denn es ist natürlich interessanter, mit kaum verhaltenem Geifer sich vorzustellen, was in den verborgenen und geheimen Kellern und Verliesen geschehen ist, anstatt an den alltäglichen Nötigungen und Peinigungen Anstoß zu nehmen, die uns am helllichten Tag womöglich so unangenehm grell ins Auge stechen könnten, dass wir unsere gewöhnliche Gefühllosigkeit noch ein wenig steigern müssen, sofern wir je eine besessen haben, aber in diesem Falle wäre ohnehin alles gut, bis wir zum nächsten Mal aufgerufen werden, den lauen Wind unseres banalen Voyeurismus, unserer beiläufigen Gewalttätigkeit und unserer gnädig kaschierten Allmachtsfantasien zu einer stürmischen Entrüstung aufzubauschen, um uns wieder einmal unserer kollektiven Moral zu versichern und einem wehrlosen Opfer unser geheucheltes Mitleid aufzudrängen.