Dienstag, 23. Dezember 2008

Gas-Kartell formiert sich


Der russische Premier Wladimir Putin zwischen seinem Stellvertreter Igor Sechin (links) und dem Energieminister Sergej Schmatko. Foto: dpa

14 führende Exportnationen nehmen sich die Opec zum Vorbild. Das weckt Sorgen vor Preisabsprachen. Und Russlands Ministerpräsident Putin kündigt an, die "Ära des billigen Gases" sei vorüber.

Die drastisch gefallenen Energiepreise lassen die Gas-Exportnationen enger zusammenrücken: Nach dem Vorbild der Opec im Ölsektor haben 14 Gasförderländer in Moskau ein Bündnis geschlossen. Zum Hauptsitz der bislang als Forum Gas exportierender Länder (GECF) auftretenden Organisation wurde die Hauptstadt Katars, Doha, gewählt. Russland als größtes Exportland betonte, dass es keine Preisabsprachen oder andere Kartell-Maßnahmen plane. Doch schon im Vorfeld waren in den USA und der EU Sorgen laut geworden, dass die neue Gas-Allianz die Preise in die Höhe treiben könnte.



Putin kündigt steigende Preise an

Zu den 14 Mitgliedsländern gehören neben Russland und Katar auch der Iran und Algerien. Gemeinsam fördern die 14 nach eigenen Angaben 42% der weltweiten Gasproduktion und verfügen über 73% der Gasreserven auf der Erde.

Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin stellte die Verbraucher in Europa schon einmal auf wieder steigende Preise ein: Die „Ära des billigen Gases” sei wegen höherer Kosten bei die Gasförderung vorüber. Der deutsche Branchenverband BDEW erklärte aber, er rechne nicht mit übermäßigen Preissteigerungen. Der BDEW verwies etwa darauf, dass der Gaspreis in Deutschland wie in vielen anderen westlichen Industriestaaten seit den 60er Jahren an den Ölpreis gekoppelt ist.

„Ein wenig beunruhigen muss es schon, wenn sich da ein Kartell bildet”, sagte indes der Energieexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Manfred Horn, im NRZ-Gespräch. Allerdings seien die Verhältnisse beim Erdgas andere als beim Öl. „Beim Gas gibt es regionale Märkte mit festen Pipeline-Verbindungen und langfristigen Lieferverträgen.”

Koppelung ans Öl vor dem Ende?

Ein schlagkräftiges Kartell müsste ein Interesse haben, diese langfristigen Beziehungen und die Ölpreisbindung zu beenden, um einen eigenen Preismechanismus für Erdgas einzuführen, so Horn. Zwar gehört die Preiskoppelung auch aus Sicht Horns abgeschafft - „aber ein Kartell wäre noch schlimmer”. Der DIW-Experte fürchtet allerdings zunächst nicht, dass ein Gas-Kartell unendlich an der Preisschraube dreht. „Auch ein solches Kartell muss beachten, dass es immer mehr Möglichkeiten gibt, den Erdgas-Import zu ersetzen.” Er verwies etwa auf verflüssigtes Erdgas (LNG) oder Biogas.

Gas wird dringender denn je gebraucht. Experten rechnen je nach Preis- und Konjunkturentwicklung in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit einem Zuwachs der Nachfrage in Europa von 20 bis 30%. Nur 15% des Bedarfs decken heimische Quellen.
37 Prozent des deutschen Gases kommen aus Russland

Zwei Drittel des hierzulande verbrauchten Erdgases stammen aus Westeuropa, allein aus Norwegen 26%. 37% kommen aus Russland. Dabei haben die deutschen Importeure sich über Lieferverträge von 30 Jahren große Mengen des begehrten Brennstoffs gesichert. An der Position Russlands und Norwegens als wichtigste deutsche Lieferanten wird sich nach Einschätzung des Gaskonzerns Eon Ruhrgas auf absehbare Zeit nichts ändern.

Gleichwohl setzt auch der größte deutsche Importeur auf andere Quellen. 15% des Gases sollen in den nächsten Jahren aus eigenen Quellen kommen. Derzeit sind es zwischen 5 und 7%. Daneben sieht Ruhrgas den Ausbau des Geschäfts mit verflüssigtem Erdgas als „Pfeiler” der Beschaffungsstrategie.

Eigenförderung und LNG (Liquefied Natural Gas) sollen auf mittlere Sicht je eine Menge von 10 Mrd Kubikmetern Erdgas zur Beschaffung beisteuern. „Bei einem Gesamtabsatz der Eon Ruhrgas 2007 von annähernd 65 Mrd Kubikmetern ist das schon ein signifikanter Anteil und keine Alibiveranstaltung”, so Unternehmenschef Bernhard Reutersberg.

Quelle: derwesten.de

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